Es ist 5:30 Uhr in San Juan del Sur. Die einen stehen gerade auf, die anderen suchen noch nach ihren Betten. Trotz all des Tourismustrubels ist San Juan ein einfaches Fischerdorf. Früh am Morgen schlängeln sich die Fischer vorbei an den noch angeheiterten Partygästen von letzter Nacht. Toto und seine Crew können davon nur träumen, pünktlich müssen sie den Fisch abliefern, der hier in allen Restaurants ganz oben auf der Speisekarte steht.
Auch die ersten Surfer sind schon wach und schnallen ihre Boards auf ihre nagelneuen Jeeps. Es sind lokale Surfer, Touristen, auf der Jagd nach den besten Wellen oder Auswanderer, die hier mit ihren Surfboards gestrandet sind. Sie werden angezogen von den Gezeiten. Heute ist es die morgendliche Flut, die sie aus ihren Betten aufs Wasser treibt. Der Wellengang in San Juan selber hält sich in Grenzen. Die Surfer machen sich auf zum Strand der Playa Maderas.
Schon in der Morgendämmerung, sitzen die Surfprofis so weit das Auge reicht in den Wellen. Playa Maderas ist einer der besten Surfspots im Land. Vom nahen Nicaragua See im Hinterland weht ein stetiger Wind vom Inland aufs Meer hinaus. Das sind hervorragende Bedingungen. Die Wellen werden vom Wind geglättet und brechen sich gleichmäßig. Am Strand gibt ein Surflehrer seinen Schülern noch die letzten Tipps und Tricks, nachdem sie mit ihren Trockenübungen fertig sind. Sehnsüchtig schauen sie hinaus aufs Wasser zu den großen Wellen. Geübt wird aber zunächst nur im weißen Schaum der Wellen und erst nach etwa 50 Surfsessions geht es an die richtigen Wellen.
Gegen Vormittag füllt sich der Strand. In den Liegestühlen schlafen die Nachtschwärmer ihren Rausch aus. Andere feiern munter weiter und bekämpfen ihren Kater mit einem weiteren Mojito an der Strandbar. Hinten am Horizont ziehen die Fischkutter mit ihren vollen Netzen vorbei. Ihr Tag auf hoher See geht dem Ende zu, mit genügend Fisch für die Restaurants und ihren eigenen Mehrgenerationenhaushalt. Zurück in ihren Wellblechsiedlungen am Stadtrand machen sie sich erneut an die Arbeit. Netze müssen geflickt, kleine Boote repariert und der neue Dieselmotor gereinigt werden.
San Juan bus station |
Wenn die Ebbe kommt, ist auch für die meisten Surfer der Tag vorbei. Die Wellen sind ihnen jetzt zu lasch, zu sanft, zu langweilig. Jetzt kommen die Anfänger an die Reihe und können sich an den kleineren Wellen versuchen. Spätestens um 17:00 Uhr, wenn der letzte Bus die Playa Maderas nach San Juan verlässt, ist der Strand wie ausgestorben. Um halb sechs treffen sich Stadtbewohner und Touristen auf dem Malecón und bestaunen den Sonnenuntergang. Wenn sich der Himmel langsam in orange-rotes und violettes Licht taucht, ist für viele der Tag schon bald vorbei. Für andere fängt er jedoch gerade erst an.
Am Abend füllen sich die Bars und Diskotheken an der Strandpromenade von San Juan. Das Partyvolk kommt so langsam aus seinen Betten gekrochen. Von Nicaragua und den Stränden in der Umgebung haben sie noch nichts gesehen. Dafür kennen sie hier jede Bar. Auch die jungen Fischer mischen sich vorsichtig unter die Partygäste. Vielleicht finden sie hier ja eine hübsche Nordamerikanerin oder Europäerin – ihr Ticket raus aus Nicaragua. Auch die Surflehrer nehmen noch ein letztes Feierabendbier mit ihren Schülern. Vom Alkohol lassen sich hier alle verführen. Nachts ist für alle Urlaub angesagt, auch für die Einheimischen, und das 365 Tage im Jahr.
Am nächsten Tag ist die arbeitende Bevölkerung bereits wieder vor Sonnenaufgang auf den Beinen, auch wenn es sonntags zunehmend mau im Surfgeschäft läuft. Alfredo beklagt sich: “schon seit einiger Zeit klauen die vom Sunday Funday meine Surfschüler, die gehen jetzt sonntags lieber Party machen.” Die Touristen reisen von überall her an, um an der legendären Sunday Funday Poolparty teilzunehmen. Der Rest der Stadt lässt es eher ruhig angehen. Die Fischer sitzen vor ihren Hütten und bereiten sich auf den großen Fang am Montag vor. Die Surflehrer sitzen vor ihren Läden und warten auf die nächste große Gruppe von Schülern.